A wie Ausnahmezustand

Eine Ausnahme ist nicht das Gegenteil von einer Einnahme, dass weiß jede Supermarkt-Kassiererin. Was ein Ausnahmezustand ist, weiß sie auch. Erst hinter Maske, dann hinter Klarsichtfolie, jetzt hinter kompaktem Abschirmgestell. Klarsicht, natürlich. Das Thema mit DEM Virus und seinen Folgen wird alles andere als mit Klarsicht behandelt. A propos klare Sicht. Transparenz ist wichtig, aber nur, wenn das System einsehbar ist. Manche glauben, es sei transparent, was sie „die Wahrheit“ sagen und es kommt aus einer dicken Suppe von ungaren Vermutungen, Versprechungen und Versagen. Dreimal V und dann noch das vom SARS Covid Nr. wieviel noch mal? Die Mutationen blühen schon seit mehr als zehn Jahren und die Spekultationen wuchern noch arger als Viren. Arg und Ärger müssen was miteinander zu tun haben, Der Ausnahmezustand hat beides vereinnahmt. Aber WARUM kocht die Volksseele nun so hoch? Lange, bevor sich Hinz und Kunz und ihre Kids mit digitalen Handfeuerwaffen ausstatteten, gab es schon Handgranaten der Meinungsmache. Die Flyer, die Luther drucken ließ, erreichten Tausende, die mit dem Papst und seiner Inqisition, den Fürsten und ihren Steuereintreibern , unzufrieden waren, mit der zunehmenden Verelendung. mitMissernten und Seuchen ins Unglück stürzten. Ausnahmezustand wurde Normalität.
Die Presse und ihre Ideologien holten als Flammenwerfer vierhundert Jahre später auf. Dann kam das Radio ins Spiel. Nicht mehr gelesen, nur gehört! Mal Goebbels Schnauze, mal Feindsender. Das Radio verteilte Sprengsätze in Wörtern. Ausnahmezustand war Krieg. Welches Glück für uns, dass sich der heute in Mitteleuropa nur im Kopf abspielt. Und im Netz. Erfahrungsgemäß bleibt er da nicht.

Mal von Esoterik abgesehen, die ihren Platz in der Welt des Geistigen hat, aber meist missbraucht wird, über die eigenen Ufer tritt und eher den Verstand flutet, als fruchtbare Ideen erweckt, wird Meinung ganz groß geschrieben. Jedem seine Meinung, Meinungsvieltfalt ist in. Das sei Demokratie, glauben die meisten. Man muss das doch mal sagen dürfen. Ohne vorher gründlich nachzudenken? Vielfalt ist kein statischer Zustand, auch sie ist ein Prozess mit offenen Ausgängen.

Die Beschleunigung durch elektronische Medien ist nicht für unsere Hirne gemacht. Sie haben ihre Vorzüge, aber Reizüberflutung setzt diese außer Kraft. Und Nach-, Mit- und Vorausdenken brauchen ihre Zeit.

Hatten wir nie. Haben wir mehrheitlich jetzt durch den Ausnahmezustand. Wer diese Zeit zum Denken nutzt, (nicht die Quantität von Fakten, die Qualität machts möglich), gewinnt an Lebensqualität. Dazu gehören weder Shopping noch Massentourismus, alkoholisierte Partys im Club noch Rauschzustände in Fußballstadien. Da wabert das Unbewusste, gewinnt die Emotion, nicht das Gefühl. Denken passiert am Besten in Austausch und Miteinander, liebevoll, achtsam, über sich selbst hinausreichend. Leider hat dieses Denken kaum eine Lobby. Auch seine Theoretiker (die anderen Geschlechter sind natürlich mitgemeint), unterliegen fast alle der Egofalle. ICH weiß etwas, was du nicht weißt. Ich teile mit dir, aber nicht alles. Du kannst mich als Eintrittskarte bei TED, auf YouTube kaufen. Egofalle ist ein gefährlicher Luftverschmutzer im Ausnahmezustand.

Und jetzt die gute Nachricht. Entschleunigung zwingt zum Umdenken. Wer sich dem stellt, seine Krativität nicht verdrängt, versoffen oder verpimpert hat, der oder die oder das kann sich überlegen, wie die Welt von morgen aussehen könnte und was dafür getan werden muss. Nicht für mich, nicht fü dich, meine deine Kids, sonder für Viele, auch die keine Lobby haben. Hunderttausende kleine Anfänge werden täglich gemacht. Ich sammle sie gerade in meinem Gedächtnis.

Ich höre nicht mehr auf diejenigen, die Verbote nervend oder demokratiefeindlich wahrnehmen, ich finde Ideen anderer, die miteinander teilen, tauschen sich zusammenfinden, um die leiseren Töne zu singen, füreinander, nicht gegeneinander.

Jede Jahreszeit, jede Lebenszeit hat immer wieder Ausnahmezustand, dann treibt es den Keim aus der Erde, der nächste Frühling beginnt.